An die Freunde

Wieder einmal ausgeflogen,
Wieder einmal heimgekehrt;
                   . . .
                                      Aber Liebesfäden spinnen
                                      Heimlich sich von Land zu Land.

                                                Theodor Storm

 

Liebe Ehrengäste, liebe Ehemaligen und aktiven Sänger und Sängerinnen der Heidelberger Studentenkantorei, liebe Musiker und Freunde

 

Mit diesen Zeilen von Theodor Storm haben wir am Mittwoch unser Jubiläum begonnen. Viele Menschen haben in den 60 Jahren des Bestehens die Studentenkantorei geprägt und wurden beschenkt durch unzählige Konzerterlebnisse, intensive Chorproben und Begegnungen auf Reisen im In- und Ausland. Einige sind für einen Moment zurückgekehrt, um auf diese Zeit zurückzuschauen und das Gewordene zu feiern. Ich freue mich, dass so viele Menschen aus den verschiedenen Abschnitten des Lebens der Studentenkantorei heute hier sind, um die Erinnerungen wach zu halten – und vielleicht auch, um etwas an den Liebesfäden weiterzuspinnen, die sich von der Vergangenheit her in die Gegenwart spannen. Sicher nehmen Sie Veränderungen wahr, finden aber hoffentlich auch Altvertrautes wieder und freuen sich daran, noch einmal in der Atmosphäre von Heiliggeist diese spezielle Verbindung von Wortverkündigung durch Musik zu erleben.

Ein Jubiläum feiern heißt, sich bewusst machen, dass man in der Gegenwart auf den Schultern von Vielen steht, die mit ihren Leistungen in der Vergangenheit zu dem beigetragen haben, was heute möglich ist. Das sind natürlich einmal die drei Kantoren, Bruno Penzien, Peter Schumann und Christoph Andreas Schäfer, die mit ihren je eigenen Persönlichkeiten und Visionen die Studentenkantorei über lange Jahre geformt haben. Diese Leistungen angemessen zu würdigen ist mir nicht möglich, da fehlen mir als relativ neuem Mitglied und Nicht-Heidelberger schlichtwegs die Kenntnisse.

Aber ich meine neben den vielen unterschiedlichen Prägungen auch eine gemeinsame Vision festzustellen, die sich über die 60 Jahre unverbrüchlich gehalten hat: der immer wieder neue Versuch, nicht nur technisch hochstehende Musik zu machen – das sicher auch – sondern mit der Musik von der Botschaft des Evangeliums von Jesus Christus her zu sprechen, diese Anrede immer wieder neu zugänglich zu machen, in Formen zu bringen, die anrühren und bewegen, aufrütteln und manchmal auch notwendiges Beklemmen auslösen. Musik ereignet sich wie kein anderes Medium in der Zeit, und hat darum wohl auch die besondere Fähigkeit, in die Zeit hineinzureden, Zeitzeichen zu setzen. Kirchenmusik nicht nur als Musik in der Kirche, sondern auch als Musik, wo Kirche sich ereignet, gerade auch im öffentlichen Raum.

Ein solches Geschehen verdankt sich natürlich nicht nur den Chorleitern, sondern ebenso all den vielen Menschen, die sich mit Engagement und Können in die enorm zahlreichen Projekte eingebracht haben und einbringen. Sei es als Sängerinnen, als Musiker, sei es in der vielen strukturellen Arbeit als Chorräte und sonstigen unterstützenden Arbeiten, und nicht zuletzt der Kirchengemeinde mit ihren Pfarrern, Pfarerinnen und Ältesten, indem sie Räume schaffen, wo sich solches ereignen kann.

Das alles feiern wir in diese Woche miteinander, und es ist schön, Vertreter und Vertreterinnen aus allen drei Epochen hier unter uns zu haben. Sie mit Ihren ganz persönlichen Erinnerungen bringen etwas aus den vergangenen Zeiten hier in die Gegenwart der Studentenkantorei. Dafür danke ich Ihnen im Namen des heutigen Chores.

 

Heidelberg, 05.06.2010                         Jürg Bräker, Chorsprecher